– ein Betroffener erzählt von der Wichtigkeit der Angebote
Wer schon einmal selbst in einer wirklichen Lebenskrise steckte und psychisch erkrankt war, kann die Verzweiflung und Hilflosigkeit nachempfinden, denen Menschen dann ausgesetzt sind. Herr S. (Name verändert) ist betroffen. Geboren ist er in Pakistan, lebt nun seit fast 40 Jahren in Deutschland, seit 1987 in Baden-Baden. Er arbeitet in einer Blechnerei, als er vor über zehn Jahren zunächst Rückenschmerzen bekommt. Die werden immer schlimmer und Probleme mit den Armen hat er zudem. Die Schmerzen werden so schlimm, dass er ins Krankenhaus muss, erzählt er. Dort bekommt er eine schockierende Nachricht: „Der Arzt vermutete, dass ich Lungenkrebs habe“, erzählt Herr S. Er hat Angst, das nächste Weihnachten nicht mehr zu erleben. Die Erinnerung an die Frau eines Kollegen, die sehr schnell an Krebs verstorben war, verstärken seine Ängste.
Schmerzen und Angst vor Krebs führte in die Depression
„In den folgenden vier Wochen habe ich zehn Kilo Gewicht verloren“, sagt er über diese zermürbende Zeit. Dann kommt die Entwarnung: Kein Lungenkrebs. Aber die Ängste sitzen schon zu tief. „Ich fragte mich, ob die Ärzte mir das vielleicht nur sagten, um mich zu beruhigen und ich eigentlich doch Krebs hatte. Die Schmerzen waren auch noch da“, fasst er seine damaligen Gedanken zusammen. Er geht zwar wieder arbeiten, aber die Besorgnis bleibt – und führt ihn in eine Depression.
Im Jahr 2016 wird es ganz schlimm und er ist ein Jahr lang krankgeschrieben, erzählt er weiter. Auch einen Aufenthalt im Gunzenbachhof, einer Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Baden-Baden, hat er hinter sich. Er geht wieder zwei Jahre arbeiten. Dann kommen wieder starke Schmerzen und erneut die Angst, ob doch Krebs dahinterstecken könnte. Das kann er nicht abschütteln.
Beratung und Unterstützung beim Caritasverband
2017 kommt er zur Beratung ins Caritaszentrum Cäcilienberg in Lichtental, wo der Caritasverband Baden-Baden seine gemeindenahen und ambulanten psychiatrischen Dienste anbietet. Dazu zählen der Sozialpsychiatrische Dienst, der Gerontopsychiatrische Beratungsdienst, die Soziotherapie, die Tagesstätte für psychisch erkrankte Menschen und mehr. Angeboten werden Einzel- und Gruppengespräche, Informationen zu weiteren Hilfen, Hilfestellung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, Beratung im Umgang mit Ämtern und Behörden, Hilfen zur Strukturierung des Tages und zur Alltagsbewältigung und weitere Angebote.
„Damals ging es mir ganz schlecht“, sagt er ganz offen. Aber die Beratung und Unterstützung habe ihm viel geholfen. „Ich bekam unter anderem Hilfe bei Terminfindungen und Fahrten zum Arzt, als ich schwer krank war.“
Inzwischen geht es ihm besser. „Ich bin nicht ganz befreit. Nehme noch Medikamente – aber weniger als früher. Inzwischen kann ich besser mit der Krankheit umgehen“, sagt er. Wenn er schwere Tage habe, gehe er gerne in den Wald. „Und falls ich nicht einschlafen kann, bete ich.“ Viel geholfen habe ihm auch, in der Bibel zu lesen und in die Kirche zu gehen, erzählt er. Auch Gespräche mit Pastoren oder Predigten beruhigen ihn.
Angebote für Menschen mit seelischer Beeinträchtigung
Die vielfältigen Angebote des Caritasverbandes Baden-Baden nimmt er bis heute dankbar wahr. Donnerstags findet „walk & talk“ statt, ein Angebot des gemeindepsychiatrischen Dienstes des Caritasverbandes Baden-Baden. Dabei gehen die Teilnehmenden in der Gemeinschaft spazieren. Auch beim „Club13“, einem monatlichen Feierabendtreff, ist er immer wieder dabei, zum Beispiel als eine Wanderung bei den Geroldsauer Wasserfällen auf dem Programm steht. Er sei in der Vergangenheit auch schon beim Frühstückstreff in der Tagesstätte gewesen. „Aber der Trubel war für mich zu viel.“
Engagiert anderen helfen
In den Beruf zurück findet er nicht mehr. „Der Arzt hat verordnet, dass ich nicht mehr auf ein Gerüst darf“, sagt er. Andere Arbeiten oder nur mal ein Tag im Betrieb, hätten sich nicht realisieren lassen. Es folgt die Erwerbsminderungsrente. Trotzdem möchte er sich einsetzen. „Ich habe viel Hilfe bekommen und möchte auch anderen helfen“, betont Herr S.. Er engagiert sich heute als Messner in mehreren Kirchen und auch beim Caritaszentrum Cäcilienberg hilft er mit. Beim Seniorentreff „Aktiv im Alter“, einem geselligen Gruppenangebot zum Erhalt der körperlichen und kognitiven Mobilität für alle Seniorinnen und Senioren, ist er seit etwa 1,5 Jahre dabei. Er packt bei den Vorbereitungen mit an und auch beim Aufräumen des Kaffeegeschirrs. „Für mich ist es hier sehr gut, ich komme gerne hierher“, sagt er mit einem Lächeln.
Über den Fachbereich Offene Dienste
Im Caritaszentrum Cäcilienberg bietet der Caritasverband Baden-Baden e.V. die ambulanten psychiatrischen Dienste für Menschen mit psychischer Erkrankung oder seelischer Beeinträchtigung an. Dazu zählen der Sozialpsychiatrische Dienst, der Gerontopsychiatrische Beratungsdienst für Menschen ab 60 Jahren, die Assistenzleistungen außerhalb einer besonderen Wohnform, die Tagesstätte für psychisch erkrankte Menschen, die Soziotherapie sowie Appartements für Menschen mit psychischer Erkrankung. Zum Fachbereich Offene Dienste zählt auch das Projekt „Kleine Helden“ in den Räumlichkeiten der Brücke 99 – bei den wöchentlichen Gruppenangebote finden Kinder und Jugendliche, deren Eltern eine psychische Erkrankung oder eine Doppeldiagnose haben, eine Möglichkeit zum Austausch und erhalten Unterstützung. Die Tafel Baden-Baden, der Festraum Cäcilienberg sowie das Angebot „AusWegweiser“ für Jugendliche und Volljährige und die „Bruchstelle“, die wohnungslosen Menschen in weiterführende Hilfen vermitteln soll, komplettieren das umfängliche Angebot des Fachbereichs Offene Dienste.
Ziel der Arbeit ist die Befähigung von Menschen mit psychischer Erkrankung zu einem selbstbestimmten Leben.
Weitere Informationen unter /psychische-gesundheit/