Armut bedroht alle

Aktionswoche Armut

Mit der Aktionswoche „Zeitenwende“ wird der Blick geschärft – Wer von Armut betroffen ist, der lernt Kälte und Hunger von vielen Seiten kennen. Denn irgendwann bleibt womöglich ringsum auch die Menschlichkeit auf der Strecke. Mit der Aktionswoche Armut soll dieser Gefahr mit informativen und gleichermaßen kreativen Aktionen begegnet werden. Die Wahrnehmung der Armut ist von großer Bedeutung, wissen die Bündnipartner. Die Zahl der Betroffenen ist auch in Baden-Baden überraschend hoch. So gab es im Mai diesen Jahres 1.011 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte. „Das sind 385 mehr als im Vorjahr.“ Von diesem Personenkreis bilden Kinder der Altersgruppe der Sechs- bis 15-Jährigen mit 59,5 Prozent den größten Anteil ab. Auch diese Zahl ist mit einem Zuwachs von 266 Personen sprunghaft angestiegen. Außer Frage steht auch, dass mit 64,9 Prozent die Zahl der Ausländer den Löwenanteil der Betroffenen bildet. Dazu hat selbstredend der russische Überfallkrieg maßgeblich beigetragen, verweist Herr Bürgermeister Roland Kaiser auf die Zahl der Ukrainer, die im Vergleich zum Mai 2022 (59) innerhalb eines Jahres um 1.491,53 Prozent auf 880 Personen angestiegen ist. Entsprechend verzeichnete das Sozialamt einen Anstieg der Armutsquote seit 2018 um 30 Prozent. Auch die Zahl der Kinder, die in den sogenannten Bedarfsgemeinschaften lebt, stieg zwischen 2018 bis 2022 um 48 Prozent an. Was das bedeutet, die alleinerziehende Mutter mit ihrer fünfjährigen Tochter und dem achtjährigen Sohn, die beim Pressegespräch dabei ist nur zu gut. Denn sie ist gefordert, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Sorgfältiges Studium der Angebote ist eine der täglichen Übungen der jungen Mutter. Da bleiben natürlich viele Träume des Nachwuchses auf der Strecke. Klavierstunden zu finanzieren für die Tochter, die mit entsprechendem Talent aufwartet, sind völlig illusorisch. „Sie schaut sich das im Fernsehen ab und versucht sich das Spielen selbst beizubringen.“ Auch für den Sohn, der dank öffentlicher Möglichkeiten voller Leidenschaft Tennis gespielt hat, wurde diese potenzielle Karriere hart abgebremst. „Ich musste ihn leider wieder abmelden.“ Die Kinder wachsen zu schnell. Die Anschaffung von Schuhen und anderem Equipment lässt die ohnedies knappe Haushaltskasse einfach nicht zu. Auch bei der älteren Generation, zu der etwa Luidmila Miklovtsik gehört, die seit 2007 in Deutschland von der Grundsicherung im Alter lebt, bleibt nicht viel Geld für Luxus. Trotzdem ist sie mit ihre bescheidene Lebenssituation durchaus zufrieden. Hilfe bekomme sie auf vielen Ebenen, beschaffe etwa das Gros ihrer Lebensmittel bei der Caritas-Tafel und bekommt dank der Kulturloge auch dann und wann besondere Abende geschenkt. Das Theater habe sie auf diese Weise bereits besuchen können, auch das Festspielhaus und das Kurhaus sowie das Burda-Museum. Viele Organisationen arbeiten eng zusammen, um schwierige Situationen zu entzerren, wobei das Augenmerk – wie im Fall von Luidmila Miklovtsik – nicht zwingend auf den jungen Menschen liegt, berichtet Eva-Maria Weida vom Diakonischen Werk von einem kleinen Fonds, den der  Zonta-Club gleichermaßen ihrer Organisation und dem Caritasverband Baden-Baden zur Verfügung stellt. Hieraus darf Frauen im Alter unkonventionelle Hilfe geleistet werden. „Oftmals sind es die vermeintlich kleinen Dinge“, berichtet Zonta-Frau Sabine Vetter von Zuzahlungen bei Medikamenten oder etwa von anzuschaffenden Brillen, die aus eigener Kraft nicht bezahlt werden könnten.

Infokasten

Zum Auftakt der Aktionswoche hatte die AWO am vergangenen Wochenende zusammen mit der Katholischen Kirchengemeinde Baden/Oos auf eine magische Reise eingeladen, während der Caritasverband Baden-Baden mithilfe ausgelegter Schlafsäcke auf der Fieserbrücke und beim Blumenbrunnen auf die Situation der Wohnungslosen hinwies und die Diakonie mit einem Informationsstand am Augustaplatz bei Tee und Gebäck zum Austausch einludt. Für ein „Lächeln“ möchte am 19. Oktober der Zonta-Club zwischen 9 und 12 Uhr sorgen, wenn beim Wochenmarkt am Augustaplatz und am folgenden Samstag am Bernhardusplatz mit dem Glücksrad aufwartet. Parallel gibt es zwischen 12 und 14 Uhr vom Caritasverband Baden-Baden eine „Warme Mahlzeit für alle Kinder“, die am Vorplatz der Dreieichen-Kapelle ausgegeben wird. Am Abend erfolgt – ebenfalls vom Caritasverband – die Einladung ins Cineplex, wo um 18.30 Uhr die Romantik-Komödie „Trauzeugen“ gezeigt wird.

Foto: Christiane Krause-Dimmock   |   Text: Caritasverband Baden-Baden e.V.