Hitze ist nicht das hauptsächliche Problem

Bild eines Wohnungslosen bei einem Fotoshooting in Baden-Baden

Im Gespräch mit der Caritas-Wohnungslosenhilfe Baden-Baden

Sommerliche Temperaturen von über 30 Grad sind mit Klima-Anlage, auf einem Schattenplatz im Schwimmbad oder in der Eisdiele gut auszuhalten. Wer jedoch solche Annehmlichkeiten nicht hat und sich viel draußen aufhält, dem kann die Hitze erheblich zusetzen. Ist das ein großes Problem für die obdachlosen Menschen in Baden-Baden? „Dass obdachlose Menschen viel draußen sind und sich irgendwo draußen einen Schlafplatz suchen, gibt es. Und dann ist die Hitze schlimm“, sagt Christian Frisch, der Fachbereichsleiter der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbands Baden-Baden.

Allerdings sei es nur ein Teil. „Es ist ein Klischee, dass die meisten Obdachlosen draußen übernachten. Die allermeisten haben eine Unterkunft.“ Menschen ohne Wohnmöglichkeit stehe eine sogenannte ordnungsrechtliche Unterkunft zu. Hierzu gibt es von der Stadt Baden-Baden Angebote. Und vom Caritasverband Baden-Baden.

Not, sich selbst nicht helfen zu können

Christian Frisch ist seit Jahrzenten in der Wohnungslosenhilfe tätig. „Wenn man obdachlose Menschen auf der Straße sieht, ist das nur die Spitze des Eisbergs“, sagt er. Er schätzt, dass man bei zwei Dritteln die Obdachlosigkeit gar nicht erkennen würde. „Aber ihre Not ist da – im Winter wie im Sommer. Das ganze Jahr hindurch.“

Was diese Menschen eine, seien die Probleme, die sie nicht allein angehen könnten. Es gehe nicht ausschließlich darum, dass sie keinen festen Wohnsitz, keine Unterkunft hätten. „Die Lebensumstände sind so, dass sie keine Wohnung haben und dazu keine Freunde und Verwandte, an die sie sich wenden können. Oder von der Jugendhilfe kamen oder aus der Haft entlassen sind“, beschreibt Christian Frisch. Hinzu kämen – und das unterscheide sie zudem von Menschen, die zum Beispiel durch einen Hausbrand ohne Dach über dem Kopf seien – soziale Schwierigkeiten wie psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme. „Die Menschen, die bei uns in der Wohnungslosenhilfe in Baden-Oos sind, können sich dann selbst nicht helfen.“

Jährlich 250 Menschen in der Caritas-Wohnungslosenhilfe

Wenn jemand zur Caritas kommt, wird in den ersten Tagen geklärt, ob es weitere Probleme als einen Schlafplatz gibt. „Wir machen hier Beziehungsarbeit. Dadurch ergeben sich Gespräche über Hilfsmöglichkeiten“, beschreibt Fachbereichsleiter Christian Frisch. „Viele wünschen sich eine Wohnung, Arbeit, eine Freundin, einen Hund – ein normales Familienleben“, schildert er weiter. Weshalb das alles in ihrem Leben nicht klappe, darüber seien sich viele selbst gar nicht bewusst. Viele hätten bislang eher die Erfahrung gemacht, dass sie im öffentlichen Raum im Weg seien und als schwarzes Schaf der Familie gelten. „Wir versuchen herauszufinden, was die Leute brauchen, was die Probleme sind. Wenn die Menschen begreifen, wir meinen es gut mit ihnen, haben wir eine Basis geschaffen.“

Beratung und Begleitung von Wohnungslosen

Es gehe darum, die Menschen zu begleiten und zu überlegen, was der nächste Schritt sei, gibt Christian Frisch weiter Einblicke in die Arbeit der Caritas-Wohnungslosenhilfe. Zum Beispiel sie zu Fachleuten zu begleiten oder zu Arztterminen. Weil die Wanderbewegung der Obdachlosen mit der Einführung von Hartz IV nachgelassen habe – davor wurden Gelder von Städten ausbezahlt – sei die Chance heute „viel größer, etwas bewegen zu können“.

Stationärer Bereich & Tagesstätte für Wohnungslose

20 Zimmer bietet die Caritas-Einrichtung in der sogenannten stationären Hilfe, bis zu fünf davon sind für Langzeithilfe vorgesehen. Etwa 250 Menschen finden hier jährlich eine Anlaufstelle. Die Sanitäranlagen und öffentlichen Räume wie das Café für das Frühstück und der Raum zum Mittagessen, alles Teil der Tagesstätte, werden auch von Obdachlosen genutzt, die umherziehen und draußen übernachten – unter Obdachlosen nennt man das „auf Platte gehen“. Oft reiche wenig, damit die Menschen hier glücklich seien, meint Christian Frisch.

Fachberatung für die zielgerichtete Hilfe

Um die Probleme anzugehen, ist die ambulante Fachberatungsstelle in der Wohnungslosenhilfe zuständig. Sie berät die Betroffenen und vermittelt in ein für die Person passendes Hilfesystem. Hier haben Menschen eine Anlaufstelle, die von Wohnungsverlust bedroht sind, bereits auf der Straße leben oder im Rahmen einer Nachbetreuung Unterstützung benötigen. Die Mitarbeitenden der Fachbratungsstelle werden auch aktiv bei Hinweisen aus der Bevölkerung oder anderen Institutionen auf Menschen, die im öffentlichen Raum betteln und möglicherweise Hilfe brauchen.

Betreutes Wohnen für selbständiges Leben

Für Wohnungslose Seniorinnen und Senioren gibt es ein spezielles Projekt. Ein weiteres Tätigkeitsfeld der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbands Baden-Baden ist das Betreute Wohnen. Dabei werden Menschen im eigenen Wohnraum in Baden-Baden und im Landkreis Rastatt unterstützt, damit sie weiterhin oder künftig selbständig ihr Leben führen können. Ziel des Caritasverbands ist somit, Wohnraumverlust für die Menschen abzuwenden oder Hilfe nach der Unterbringung in einem Zimmer der Wohnungslosenhilfe oder bei individuellen sozialen Schwierigkeiten anzubieten.

Förderung von der Stadt Baden-Baden

Die Tagesstätte samt Café und die Beratungsstelle der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbands Baden-Baden erhält vom Sozialamt der Stadt Baden-Baden eine Förderung. „Wir hoffen, dass diese wichtigen Mittel nicht gestrichen werden“, sagt Christian Frisch mit Blick auf die finanziellen Kürzungen, die die Stadt plant. „Wenn es uns nicht gäbe, würden die Probleme noch mehr sichtbar werden.“

1953 hat der Caritasverband Baden-Baden das Haus in der Ooser Bahnhofstr. 2a, eine ehemalige Kriegsheimkehrermission, übernommen. „Es ist inzwischen in die Jahre gekommen. Trotzdem fühlen sich die Obdachlosen hier wohl“, sagt Christian Frisch. „Es rührt mich, wenn die Menschen beschreiben, wie gut es ihnen tut, hier zu sein.“

Über die Wohnungslosenhilfe

Der Fachbereich Wohnungs­losenhilfe des Caritasverbands Baden-Baden e.V. bietet Hilfe für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Besondere Lebensumstände wie Wohnungslosigkeit treffen hierbei auf soziale Probleme wie Sucht- oder psychische Erkrankungen.

Zum Angebot des Fachbereichs zählen die Ambulante Fachberatungs­stelle, die Tages­stätte mit Café, ein Stationärer Bereich, Betreutes Wohnen sowie Hilfe für Wohnungslose Seniorinnen und Senioren.

Mit diesen verschiedenen Angeboten unterstützen wir Menschen sowohl präventiv als auch in akuten Notlagen. Dabei möchten wir jedem bzw. jeder einzelnen Hilfe­suchenden in seiner Persön­lichkeit gerecht werden und die für die jeweilige Situation passenden Hilfen anbieten oder vermitteln. Angestrebt wird, dass die betroffenen Menschen ihr Leben selbstständig meistern können.

Weitere Informationen unter /wohnungslosennotfallhilfe/