Loslaufen und doch nicht wirklich ankommen. Scheitern, weil einfach alles zu viel wird. Die Gründe dafür, dass nicht alle jungen Menschen auf vergleichsweise bequemen Pfaden in Richtung Zukunft aufbrechen können, sind vielfältig, weiß Mirela Marasovic aus ihrer täglichen Arbeit im Projekt „AusWegweiser“ sehr gut.
Die diplomierte Sozialpädagogin und Systemische Therapeutin betreut beim Caritasverband Baden-Baden e.V. Jugendliche und junge Erwachsene, die sehr individuelle Hilfen benötigen. Viele stehen mit dem Rücken an der Wand, wenn es zum Erstkontakt kommt. Der Zugang der Teilnehmer erfolgt in der Regel durch den Fachbereich Bildung und Soziales, mit unter dem Jugendamt. „Wir sind die niederschwelligste Anlaufstelle in der Stadt.“ Wer hier ankommt, der hat meist alle angebotenen Chancen aus diversen Gründen ungenutzt verstreichen lassen, erzählt sie von einem 19-Jährigen, der seinen Unterschlupf verlor, keine Papiere und selbstredend kein Geld mehr besaß. Der Schritt in die Obdachlosigkeit ist ein Schock und es braucht Zeit dies zu verarbeiten. Ohne Hilfe von Dritten ist hier kaum mehr ein Ausweg möglich. „Menschen in solchen Lebenssituation brauchen ganz einfach Unterstützung.“ Und die sieht meist sehr individuell aus, muss maßgeschneidert sein und kostet die Beteiligten oftmals sehr viel Nerven. „In einem solchen Fall kommen so viele Aufgaben auf den Betroffenen zu, dass viele einfach den Kopf in den Sand stecken.“ Dann geht es gemeinsam los. Die Probleme werden Schritt für Schritt angegangen, Konto eröffnen, Antrag um Antrag ausfüllen, vielleicht zurück auf die Schule oder eine Ausbildungsstelle finden, eine Wohnung suchen.
Seit das AusWegweiser-Projekt, an dem auch die Stadt Baden-Baden und das Jobcenter beteiligt sind, 2018 dank der finanziellen Unterstützung durch den Europäischen Sozialfonds in Baden-Württemberg an den Start ging, haben hier fast 100 Teilnehmer Hilfe der unterschiedlichsten Art bekommen. „Wenn ich merke, dass da was voran geht, gibt mir das neue Kraft.“ Die braucht sie an manchen Tagen in hohem Maße. Etwa dann, wenn einer ihrer Schützlinge wieder einmal nicht zur Arbeit erschienen ist, der Betrieb anruft und sie denjenigen suchen geht. „Wer 19 Jahre lang gegen den Strom geschwommen ist, den kann man nicht in einem zweistündigen Gespräch auf einen anderen Weg bringen.“ Das braucht einen langen Atem.
Alleine sei das kaum zu schaffen, ist sie froh um Helfer wie Stephan Wirtz, der im Januar 2021 in Rente ging und gleich darauf in ihr Team der Ehrenamtlichen stieß. „Ich habe schon immer gewusst, dass Couching und Sport nicht alles für mich sein würden“, erklärt der studierte Gymnasiallehrer und Industrie-Kaufmann sein Engagement, zu dem auch die Betreuung mehrerer junger Flüchtlinge zählt. „Es geht ums Fördern und Fordern“, macht er deutlich. „Soziale Hängematte ist nicht“, brauche es auch ein Signal vom Gegenüber, um dranzubleiben. „Langmut gehört zwar unbedingt dazu. Aber irgendwann endet sie.“
Denn letztlich geht es hier um Klartext und die Verbesserung der Lebensumstände, pflichtet ihm Mirela Marasovic bei. Und das sei ein echtes Herzensprojekt, entwickelt vor über vier Jahren vom heutigen Caritas-Geschäftsführer Thorsten Schmieder.
Foto: Bettina Ams / Caritasverband Baden-Baden e.V.